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Dialektologisches Informationssystem von Bayerisch-Schwaben (DIBS)

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DIBS – mehr als ein Wörterbuch und seine Artikel

Der Kern von DIBS ist das gesamte im Rahmen dieses Projekts gesammelte, verstichwortete, grammatikalisch und semantisch kategorisierte Belegmaterial zum Dialektwortschatz in Bayerisch-Schwaben, sowie alle weiteren z.B. volks- oder sachkundlichen Informationen zu diesem Material. Es liegt in einer Datenbank (jetzt: MySQL, früher: Access). Für die Redaktor-/innen ist sie mit Bearbeitungstools ausgestattet, so dass das vorhandene Belegmaterial direkt in der Datenbank bearbeitet und zu Wortartikeln zusammengestellt werden kann. Die Datenbank enthält derzeit ca. 700.000 Belege, die etwa 40.000 Stichwörtern zugeordnet sind.

Die in der Datenbank gespeicherte Materialbasis wird ergänzt durch bislang erst teilweise erschlossenes Sprachmaterial. Zu diesem zählen 660 Fragebögen von Friedrich Maurer aus dem Jahre 1934 mit je 90 Fragen, die in gescannter Form vorliegen, jedoch noch nicht in die Datenbank integriert sind. Im Archiv des Bayerischen Wörterbuchs lagern sog. Mundartgeographische Fragebögen, die in den Jahren 1927–1940 von Gewährspersonen in einer großen Zahl von Orten aus Bayerisch-Schwaben ausgefüllt wurden. Insgesamt sind es fast 15.000 Fragebögen mit etwa 300.000 Belegen, die bereits gescannt vorliegen, aber sprachwissenschaftlich erst zu einem kleinen Teil erschlossen sind.

DIBS wird zu einem umfassenden Informationssystem ausgebaut, das auch andere Medienarten (z.B. Sprachkarten, Bild- und Tondokumente) integrieren und nach unterschiedlichen Hinsichten durchsuchbar machen kann. Ihre Einbindung ins System erfolgt in erster Linie über das Stichwort eines Wortartikels.

Die in der Datenbank kategorisierten und strukturierten Daten werden in die Auszeichnungssprache XML exportiert, mit deren Hilfe die DIBS-Artikel zusammen mit den anderen beiden bayerischen Wörterbuchprojekten strukturell harmonisiert und in eine präsentable Darstellungsform gebracht werden. Diese aufwendige Entwicklung wurde von der Digital-Humanities-Abteilung der BAdW (Manuel Raaf, Ursula Welsch) geleistet.

Die Wortartikel in DIBS

Die Wortartikel in DIBS sind materialgestützt, d.h. auf der Basis des gesammelten Materials erarbeitet. Die noch ungeordneten Belege bedürfen einer umfassenden sprachwissenschaftlichen und sprachhistorischen Interpretation, um sinnvoll geordnet werden zu können. Das beginnt bereits beim Lemmatisieren, d.h. bei der Zuordnung zu einem bestimmten Stichwort. Man muss sich gut in der Lautgrammatik und der Lautgeschichte des Untersuchungsraumes auskennen, um zu wissen, dass z.B. die Lautformen LuiksLeiksəLeisslLiisslLuitskə mit der Bedeutung ‘Stützholz am Wagen’ alle auf die gleiche historische Vorform (mittelhochdeutsch liuhse) zurückgehen und deshalb dem gleichen Stichwort zuzuordnen sind oder dass Ziggrle für ‘Bonbon’ die Verkleinerungsform „Zückerlein“ ist und deshalb dem Stichwort „Zucker“ zugeordnet werden muss.

Bereits beim Sammeln wurde das gesamte Material in eine Datenbank eingegeben; es existieren also keine Zettelkästen, wie üblicherweise bei traditionellen Wörterbuchprojekten.

Das in DIBS gespeicherte Sprachmaterial ist durch seine sprachwissenschaftliche Kategorisierung und die Gliederung in unterschiedliche Felder der Datenbank in vielerlei Hinsicht bereits ausgezeichnet. Dies erlaubt unterschiedlichste Ordnungsmuster, die unterschiedlichste Abfragen ermöglichen. Während in klassischen Wörterbüchern gezielt und strukturiert nur nach (alphabetisch angeordneten) Stichwörtern gesucht werden kann, eröffnet DIBS auch andere Zugänge, z.B. über Bedeutungen, Bedeutungsmerkmale, Sachgruppen- bzw. Themenzugehörigkeiten (wie etwa zum Fachwortschatz der Gerberei). Gezielte Suchen z.B. nach grammatischen Kategorien (etwa alle Maskulina oder alle Wörter, in denen bestimmte Lautfolgen vorkommen), nach Phraseologien, Wetter- und Bauernregeln, Sprichwörtern, Kinderspielen werden möglich. Es kann der Wortschatz nur eines bestimmten Ortes, eines Landkreises oder einer bestimmten Region (z.B. Allgäu, Ries) abgefragt werden. Möglich sind auch kombinatorische Suchprozesse (z.B. alle Maskulina auf -er im Allgäu im Fachwortschatz der Käserei).

Die Redaktor-/innen verfassen aus dem gesammelten Material Wortartikel. Deren Gliederung ergibt sich in erster Linie aus den unterschiedlichen Bedeutungen des entsprechenden Worts. Alle Bedeutungen eines Worts werden durch Belegbeispiele veranschaulicht. Auch die übertragenen Verwendungen sowie alle Phraseologien (Redensarten, Vergleiche, Sprüche, Sprichwörter) werden aufgeführt. Jede einzelne Bedeutung wird nach einem bestimmten, auch von anderen Wörterbuchprojekten verwendeten semantischen System klassifiziert. Gegebenenfalls werden kurze sachliche oder volkskundliche Erläuterungen sowie Hinweise zu Brauchtum u.Ä. angeführt.

Jeder Artikel enthält die nötigen grammatischen Angaben, wie z.B. die Wortart. Wenn ein Wort lautliche oder morphologische Auffälligkeiten zeigt, werden diese thematisiert. Bei den Simplizia wird die Wortherkunft erklärt. Ebenfalls vermerkt wird, ob ein Wort in Hermann Fischers Schwäbischem Wörterbuch, im neuen Bayerischen Wörterbuch, in Schmellers Bayerischem Wörterbuch oder im Handwörterbuch von Bayerisch-Franken erfasst ist.